Fliegen ist schön. Aber es kommt immer auf das Flugzeug an. Mein erster richtiger Flug war mit der Königin der Lüfte. In einer Boeing 747 der Canadian Airlines. Das muss irgendwann Mitte der 1980er Jahre gewesen sein. Düsseldorf – Toronto – mit einem Zwischenstopp in London. Wo ich auch schon wieder ausgestiegen bin. Übrigens hängt so ein Flugerlebnis nicht nur vom Fluggerät ab, sondern auch von der Person, die neben einem sitzt. In meinem Fall war es ein charmanter alter Mann, der in jungen Jahren aus Nazi-Deutschland emigrieren musste – in meinem damaligen Alter.
Während des etwa einstündigen Fluges von Düsseldorf nach London unterhielten wir uns angeregt über die neue und die alte Welt. Und wir stellten fest, dass es in den Köpfen der Menschen auf beiden Seiten des Atlantiks noch viel altes Denken gibt. Und dass man sich von Zeit zu Zeit von dem verabschieden muss, was einmal neu war und jetzt alt ist.
Der vergangene Dienstag war so etwas wie ein historischer Tag des Farewell: Boeing lieferte das letzte Exemplar des Jumbo-Jets aus. Und obwohl die letzte Boeing 747 nur ein Frachtflugzeug ist, markiert der Tag das Ende einer Ära: Mehr als jedes andere Flugzeug steht der Jumbojet für die Demokratisierung der Luftfahrt. Bis zum Erstflug der 747 am 9. Februar 1969 waren Flüge über den Atlantik oder von Europa nach Asien ein Privileg für sehr wenige Menschen. Immer günstigere Ticketpreise auf immer mehr Großraumflugzeugen machten längere Reisen für breitere Bevölkerungsschichten damals erst möglich. Der Siegeszug der 747 steht auch für den Aufstieg von Lufthansa, Air France, British Airways oder der legendären PanAm zu den lange Zeit dominierenden Kräften im weltweiten Luftverkehr. Das Netz zwischen den Kontinenten wurde immer dichter geknüpft.
Wer fliegt, hat buchstäblich einen gelasseneren Blick aus der Vogelperspektive. Entscheidungen – zum Beispiel für oder gegen eine neue Herausforderung – lassen sich für mich zumindest am besten im Flugzeug treffen. Heutzutage wird es jedoch immer schwieriger, richtige Entscheidungen zu treffen. Wer ein Unternehmen führt, so eine aktuelle Studie von AlixPartners, muss zunehmend eine Vielzahl von kurzfristigen Krisen bewältigen und gleichzeitig die längerfristigen Kräfte im Auge behalten, die die Zukunft bestimmen – also den Weg vom Alten zum Neuen festlegen. Die Frage ist nur: Wie sollen wir unsere allzu knappen Ressourcen an Kapital und Zeit einsetzen? Im AlixPartners „Disruption Index“ gaben 85 Prozent der befragten CEOs an, dass es immer schwieriger geworden ist, zu wissen, wo man anfangen soll.
Mit der neuen Konstante der Disruption ist der Druck auf CEOs, neue Wege zum Erfolg zu finden, größer denn je. Um diese herausfordernde strategische Agenda zu erfüllen, müssen wir uns anpassen, lese ich aus der Beraterstudie. AlixPartners drückt es so aus: Eine Gruppe von Unternehmen ist ihren Konkurrenten voraus, indem sie mutig handelt, ihre Risikobereitschaft erhöht und sich dabei für kurzfristige Chancen positioniert.
„Wenn Sie es kaufen, baue ich es“, soll Boeing-CEO William Allen zum damaligen Pan Am-CEO Juan Trippe gesagt haben. Die heute nicht mehr existierende Fluggesellschaft bestellte 1966 ganze 25 Exemplare vom Reißbrett. Die 747 wurde innerhalb von nur vier Jahren entwickelt. Der wesentlich breitere Rumpf mit erstmals zwei Gängen in der Passagierkabine bedeutete einen Quantensprung für die Luftfahrt. Wenn das nicht hohe Risikobereitschaft und das Nutzen kurzfristiger Chancen beweist.
Was können wir also von der 747 lernen und auf unsere eigenen Unternehmungen und das Business anwenden? Hier sind ein paar wichtige Erkenntnisse:
- Haben Sie keine Angst davor, ein erfolgreiches Produkt oder eine erfolgreiche Dienstleistung einzustellen. Es ist wichtig, den Mut zu haben, schwierige Entscheidungen zu treffen und weiterzugehen, auch wenn dies bedeutet, ein erfolgreiches Produkt oder eine erfolgreiche Dienstleistung aufzugeben.
- Nehmen Sie den Wandel an. Der Erfolg der 747 beruhte auf der Bereitschaft, sich auf Veränderungen einzulassen und sich an neue Marktbedingungen anzupassen. Unternehmen müssen bereit sein, sich zu verändern und zu innovieren, um relevant zu bleiben.
- Wissen, wann man umschwenken muss. Das Ende der 747-Produktion markiert das Ende einer Ära, aber auch den Beginn einer neuen. Unternehmen müssen in der Lage sein, zu erkennen, wann es an der Zeit ist, sich neu auszurichten und eine neue Richtung einzuschlagen.
- Betonen Sie den Heritage-Moment: Die 747 wird immer als ein Meilenstein der Luftfahrtgeschichte in Erinnerung bleiben. Unternehmen können daraus lernen, indem sie ein dauerhaftes Vermächtnis hinterlassen, das als Inspirationsquelle für künftige Generationen dienen kann.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Ausmusterung der 747 eine eindringliche Erinnerung daran ist, wie wichtig es ist, Veränderungen anzunehmen, schwierige Entscheidungen zu treffen und den Weitblick zu haben, eine neue Richtung einzuschlagen. Als Führungskraft in der Wirtschaft ist es wichtig, immer nach vorne zu schauen und sich an neue Marktbedingungen anzupassen. Wer weiß schon, was die Zukunft bringt, aber eines ist sicher – es ist immer wichtig, mit einem starken Fundament zu beginnen.
Kürzlich stieß ich auf ein Zitat eines französischen Luftfahrtpioniers: „Ein Flugzeug zu erfinden, ist nichts. Es zu bauen, ein Anfang. Fliegen ist alles.“ Das hätte auch von dem charmanten alten Mann auf meinem ersten Jumboflug stammen können. Es besagt nichts anderes als: Einfach anfangen, mit dem Alten brechen, auch wenn man schlechte Erfahrungen gemacht hat und das Risiko groß ist – es wird schon fliegen.
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