Bevor es an Heiligabend ernst wird – also, bevor die Geschenke verteilt und die „Wir-wollen-nichts-schenken“-Versprechen gebrochen werden – versammelt sich meine Familie traditionell vor dem Fernseher. Und wir schauen „Weihnachten bei Hoppenstedts“. Das ist Loriots bitterböse Parodie auf das Weihnachtsfest, in der Dickie, das Kind, widerwillig ein Gedicht aufsagt, Opa seinen preußischen Marsch auf dem Plattenspieler hören will und die ganze Familie ein Atomkraftwerk baut (es waren die 70er Jahre…).
In meiner Familie sind so ziemlich alle Generationen, Weltanschauungen und Berufe vertreten. Aber sie alle lieben die ironische Unterbrechung der festlichen Stimmung. Denn wir alle haben einen gemeinsamen Nenner: nämlich den gleichen Sinn für Humor.
Herzhaftes Lachen über sich selbst und seine Rituale, Macken und Marotten hilft ungemein. Bislang waren Heiligabend und Weihnachten im erweiterten Familienkreis immer harmonisch. Denn statt der erzwungenen Harmonie, die viele Familien an Weihnachten überkommt, herrscht hier echte Eintracht und Frieden.
Würde ein solcher ironischer Bruch nicht auch die Harmonie und den Frieden, also die Kultur in den Unternehmen, fördern? Gewiss: Derzeit herrscht in der Wirtschaft angesichts der Polykrise eine Stimmung, die an die erzwungene weihnachtlich-familiäre Harmonie erinnert. Die Inflation lastet auf vielen Unternehmen. Tech-Unternehmen entlassen weltweit Zehntausende. In Deutschland werden Arbeitsplätze in Branchen gestrichen, die zu Beginn des Jahres noch boomten. Die Beklommenheit nimmt zu und blockiert Neues, den Wechsel zum Besseren wie aktuell Claudia Tödtmann in der aktuellen Wirtschaftswoche in ihrer Analyse der Headhunter-Branche beschreibt, die vieles über die Ängste der Arbeitnehmer verrät: „Kandidaten, die zuvor zügig attraktive Jobangebote angenommen haben, zögern nun. Das Bedürfnis nach Sicherheit ist gestiegen“, heißt es dort.
Ich denke, wir sollten die Feiertage im Sinne der Loriot’schen Katharsis nutzen, indem wir herzhaft über uns und die Situation lachen. Um dann das Absurde, das Ungewisse, in die Planung für das nächste Jahr einzubeziehen. Es wird keine Gewissheit geben, aber mit mehr Humor kann jede Krise gemeistert werden.
Und wenn Sie nicht unbedingt ein Loriot-Fan sind, bietet der Jahreswechsel eine Alternative zum befreienden Lachen. Ich feiere die Silvesterparty traditionell mit meinen Freunden. Wie bei meiner Familie an Heiligabend versammeln wir uns vor der Feier gemütlich um den Fernseher, und schauen dann „Dinner for One“. Der legendäre Schwarz-Weiß-Sketch mit dem englischen Komiker Freddie Frinton endet mit dem Dialog: „The same procedure as last year? – Die gleiche Prozedur wie jedes Jahr!“ Mein Tipp: Gemütlich anschauen, herzhaft lachen und nächstes Jahr alles ganz anders machen.
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